Chinas Bruttoinlandsprodukt konnte 2020 trotz der Epidemie ein positives Wachstum von 2,3% verzeichnen. Dies ist jedoch vor Allem mit erhöhten staatlichen Subventionen zu erklären.

Am vergangenen Montag, den 18. Januar, veröffentlichte das Staatliche Amt für Statistik der Volksrepublik China die Wirtschaftsbilanz für 2020.[1] Auch wenn das Bruttoinlandsprodukt die niedrigste Wachstumsrate seit 1976 verzeichnete, mag es überraschen, dass das Land trotz der Corona-Pandemie ein positives Wachstum von 2,3% erzielen konnte. Betrachtet man lediglich das letzte Quartal des vergangenen Jahres, so lag die Rate mit 6,5% sogar höher als die 5,8%, die von Oktober bis Dezember 2019 verzeichnet werden konnten. Wie in untenstehender Grafik zu erkennen ist, begann sich das Bruttoinlandsprodukt Chinas bereits im 2. Quartal 2020 nach einem starken Einbruch schnell zu erholen. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote von 5,5% im Vorjahr auf 4,7% gesunken. Hat China die Pandemie also besser im Griff als wir? Das behauptete zumindest People’s Daily in einem Bericht am Dienstag. Die Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas verkündete hämisch, dass sich ob der positiven Zahlen Frustration unter den sogenannten „Anti-China“-Fraktionen im Westen breit mache, die nun anerkennen müssten, dass China überlegen sei.[2]

Der am 8. Januar erschienene Quartalsbericht für Oktober-Dezember 2020 des Internationalen Währungsfonds mahnt hingegen zur Vorsicht.[3] So weisen die Analysten darauf hin, dass die hohe Wachstumsrate vor allem durch vermehrte staatliche Förderung erreicht werden konnte, wozu zum Beispiel eine geringere Zinsrate, Aufschub für Kreditrückzahlungen und Finanzspritzen für Banken zählen. Ebenso zeigt sich, dass vor allem die staatlichen Firmen (SOE = State Owned Enterprises) das Wachstum generierten, während der Privatsektor weiterhin erheblich auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist. Insgesamt ist die Zahl der verschuldeten Firmen signifikant gewachsen. Hinzu kommt, dass das Konsumverhalten der Bürger weiterhin unter dem Niveau von 2019 liegt. Passend dazu warnt ein South China Morning Post Artikel von vergangener Woche davor, dass nur 6,3% aller Unternehmen im Immobiliensektor und Baugewerbe kein Kreditlimit der Banken erreicht haben.[4] Im Gegensatz dazu haben mehr als 20% aller gelisteten Firmen sogar alle drei möglichen Limits überschritten, was bedeutet, dass diese ihre Schulden nicht mehr mit neuen Krediten zurückzahlen dürfen. Wenn man bedenkt, dass der Sektor insgesamt 29% des Bruttoinlandsproduktes generiert, sind die Zahlen alarmierend.

Zudem weist der IWF-Bericht darauf hin, dass die Arbeitslosenquote sehr wahrscheinlich höher als vor der Epidemie sei, da die große Masse an Wanderarbeitern nicht in der Statistik aufgeführt wird. Was die künftige Entwicklung des BIPs auch negativ beeinflussen könnte, ist der finanzielle Mangel auf Provinzebene. In China haben Provinzialregierungen deutlich mehr Pflichten bezüglich staatlicher Ausgaben (Infrastrukturprojekte, das Sozialsystem, etc.) als in den meisten anderen Ländern. Diese können – besonders in strukturschwachen Regionen – nicht immer durch Fiskaleinnahmen gedeckt werden. Steuersenkungen in der Pandemie haben die Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben vergrößert. Letztendlich müssen diese Lücken durch Geld von der Zentralregierung gestopft werden, welches allerdings erst nachträglich bewilligt wird – für gewisse Zeit müssen einige Provinzialregierungen daher mit finanziellem Totalausfall rechnen, weswegen wichtige Infrastrukturprojekte aufgeschoben werden müssen. Das erste Quartal 2021 dürfte darüber hinaus von Einbrüchen durch die neuen Corona-Ausbrüche in der Volksrepublik gekennzeichnet sein, die zu Reisebeschränkungen zum Chinesischen Neujahr geführt haben. Laut Louis Kuijs von Oxford Economics werden die neuen Infektionen jedoch langfristig das Wirtschaftswachstum der Volksrepublik nur unwesentlich beeinträchtigen können.[5]

Insgesamt ist also festzuhalten, dass die Volksrepublik China als eines der wenigen Länder 2020 eine positive BIP-Wachstumsrate verzeichnete, diese jedoch nur durch signifikante finanzielle Unterstützung durch den Staat erreicht werden konnte. So merkt selbst die People’s Daily an, dass vor allem im Privatsektor im neuen Jahr vieles verbessert werden müsse, um ein weiteres Wirtschaftswachstum zu gewährleisten.

[1] http://www.stats.gov.cn/english/PressRelease/202101/t20210120_1812680.html

[2] http://en.people.cn/n3/2021/0119/c90000-9811000.html

[3] https://www.imf.org/en/Publications/CR/Issues/2021/01/06/Peoples-Republic-of-China-2020-Article-IV-Consultation-Press-Release-Staff-Report-and-49992

[4] https://www.scmp.com/business/china-business/article/3118225/china-braces-another-record-year-bond-defaults-cash-starved?li_source=LI&li_medium=homepage_int_edition_top_picks_for_you

[5] https://www.scmp.com/economy/china-economy/article/3118116/chinas-coronavirus-hit-economy-grew-23-cent-2020-lowest-rate


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