„Marketing is broken“ schreibt Duncan Brown in seinem Buch Influencer Marketing und er hat Recht. Die gängigsten Methoden erreichen zwar den Konsumenten, gehen aber im grauen Rauschen der tausend Werbungen, die wir täglich sehen, unter. Hier setzt Influencer-Marketing an. Es erreicht nicht nur den Konsumenten, sondern verwickelt ihn auch in eine Konversation. Genau das können die chinesischen Influencer so richtig gut. Zum Beispiel übertraf die Königin des E-Commerce in China, Zhang Dayi (张大奕), in Sachen Verkaufszahlen bereits Kim Kardashian.
Genauso wie Influencer im Ausland bieten chinesische Influencer verschiedene Vertriebsmodelle an. So bewerben und verkaufen sie ihre eigenen Produkte, aber auch die von in- und ausländischen Firmen. Das Besondere dabei ist, dass sie häufig mit Agenturen zusammenarbeiten. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Agentur Rhunn Holdings (如涵控股). Agenturen wie Rhunn nehmen seit Jahren sehr viele Influencer mit wenigen Followern aber vielversprechendem Wachstum unter Vertrag und investieren in sie.
Später wählen die Agenturen die erfolgreichsten Influencer aus und unterstützen sie mit eigenen Marketing-Teams im Hintergrund. Ziel ist der Aufbau einer Marke im Namen des Influencers. Ist sie wie bei Zhang Dayi sehr stark, werden eigene Produkte unter der Influencer-Marke kreiert und verkauft. Dies ist möglich, weil die Agenturen sehr eng mit Produzenten und Herstellern von Produkten zusammenarbeiten. Viele auf Marketing spezialisierte Agenturen haben inzwischen erkannt, dass es nicht mehr nachhaltig für sie ist, nur klassische Marketing-Dienstleistungen anzubieten. Deshalb werden nun vermehrt Online-Shops von den Agenturen und deren Influencern eröffnet.
Eine der wichtigsten Besonderheiten des Influencer-Marketings in China ist die beinahe nahtlose Integration von Influencern in das chinesische Online-Ökosystem. Hierzu gehören sowohl Plattformen mit dem Fokus auf E-Commerce wie Alibaba (阿里巴巴), aber auch Soziale Medien wie WeChat (微信), in denen Online- und Offline-Geschäft ineinandergreifen (Stichwort: „New Retail„). So können Follower unkompliziert mit einem Klick innerhalb eines Livestreams ein Produkt über den integrierten Online-Shop kaufen, ohne dafür auf eine andere Webseite gehen zu müssen.
Ständiger Wandel: Wohin geht die Reise der Influencer in China?
Da die technischen Entwicklungen sehr schnell gehen, müssen Influencer in China ständig neue Methoden ausprobieren und aktuelle Inhalte präsentieren, um die Follower bei sich zu halten. Dies gelingt nur den Allerwenigsten. Daher ändert sich die Liste der Top-Influencer je nach sozialer Plattform fast täglich. Auch die Influencer-Industrie ist in ständigem Wandel. Das E-Commerce Unternehmen T-Mall Global will z.B. durch eine eigene Plattform für Unternehmen und Influencer weltweit einen vereinfachten Zugang zum chinesischen Markt ermöglichen.
Ausländische Influencer machen inzwischen nicht mehr vor den chinesischen Landesgrenzen halt. Immer mehr internationale Influencer drängen auf den chinesischen Markt. Ebenso viele chinesische Influencer strecken ihre Fühler ins Ausland aus. Zudem zeichnet sich ein Trend zu Kollaborationen zwischen internationalen und chinesischen Influencern ab.
Eine weitere interessante Entwicklung ist, dass die jüngere Generationen von Konsumenten Influencer mit kleinen Followerzahlen bevorzugt. Deshalb haben Micro-Influencer in letzter Zeit starken Rückenwind bekommen. Die Firmen im Markt sind außerdem bemüht, die Online- und Offline-Welt für ihre Konsumenten noch stärker miteinander zu verbinden. In diesem Bereich werden die nächsten Innovationen für das Influencer-Marketing also nicht lange auf sich warten lassen.
Quellen
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